Skip to content Skip to main navigation Skip to footer

Schätze aus der Chronikgruppe – Spukgeschichten und Aberglauben

In der Oberbauerschafter Schulchronik, verfasst am Ende des 19. Jahrhunderts, finden sich an einigen Stellen Notizen über Spukgeschichten und Aberglauben. Auch wenn zwischenzeitlich vereinzelt einige Passagen in div. Zeitungsberichten und Berichten „bearbeitet“ worden sind, wurden diese Teile nun einmal wörtlich von der alten Schrift übernommen; Anmerkungen der Chronikgruppe sind durch Klammerzusatz gekennzeichnet.

In dem sagenhaften Wiehengebirge scheinen für Oberbauerschaft 2 Punkte von historischer Wichtigkeit zu sein. Der Galgenhügel (Anmerkung: heutiger Bereich „Am Köpperplatz“), den jetzt einige Linden zieren, ist bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts eine öffentliche Richtstelle gewesen, und ältere Einwohner erzählen, dass zuletzt eine Bauersfrau mit dem Heuerlinge, die gemeinsam den Mann der Frau ermordet hatten, aus einem Dorfe hinter dem Berge stammend, hier hingerichtet seien. Die Lage des Hilgenstuhles „Heiligenstuhl“ an 4 (Anmerkung: nach dem Ausbau des Zufahrtsweges oberhalb der Straße „Zum Hilgenstuhl“ an 5) sich treffenden Wegen und der in der Nähe liegende Hexenteiches am alten Kirchwege deuten darauf hin, dass hier in grauer Vorzeit vielleicht heimlich Gericht gehalten wurde.

Reicher ist das Dorf an Spukgeschichten und Aberglauben. An der Vogelsbrücke bei dem Kolon Lübbert und Schäpsmeier (Anmerkung: heute Durchlass des Räudenbaches in der Oberbauerschafter Straße westlich der Christuskirche bzw. dem ehemaligen Pfarrhaus) wollen die Leute einen großen schwarzen Hund gesehen haben. Selbst im Schulgebäude soll es spuken. Dem Aberglauben begegnet man noch sehr oft, besonders bei älteren Leuten. Früher nagelte man mit Vorliebe eine Eule an das Scheunentor, weil dann der Blitz nicht in das Haus schlug. Das Rufen des Waldkauzes in der Nacht bedeutete, dass bald einer sterben müsse. Dasselbe gilt dem Hause, wo ein Hund längere Zeit heult. Wird jemand bei Lebzeiten tot gesagt, so erreicht er ein hohes Alter. An Hellsehern hat es natürlich nicht gefehlt.

Erwähnt wird immer noch vom Spinnradmacher Tödtmann. Er hat sogar behauptet, die Eisenbahn sei an ihm vorbeigefahren, und zwar in der Nähe von Meyer Nr. 1 (Anmerkung: Hof Meyer zu Kniendorf/Roßmühle) seinem Busch. Interessant ist folgende Geschichte: Er hatte einen Leichenzug im voraus gesehen. Der Leichenwagen war, wie hier gebräuchlich, mit 4 Pferden bespannt, darunter befand sich ein Schimmel. Die Nachbarn hatten davon gehört und sagten sich: Diesmal soll der Kerl nicht recht haben. Sie wollten den Schimmel des einen Nachbarn mit einem anderen Pferde vertauschen. An dem Beerdigungstage wurde das Pferd, das den Schimmel vertreten sollte, krank, und der Schimmel wurde doch mit vor den Leichenwagen gespannt.

Dass es heutzutage noch Leute gibt, die glauben, fremde Leute könnten ihnen das Vieh verhexen und infolge dessen keinen fremden Menschen ihr Vieh in den Ställen besehen lassen, ist kaum zu glauben. Einige Leute haben darum an der Kopfkette der Kühe ein kleines Kreuz aus eisernen Stäben angebracht. In den älteren Zeiten ließen die Bauern ihr Vieh vielfach ohne Aufsicht herumlaufen. Die Schweine bekamen im Herbst wenig Futter, sondern ernährten sich in den Eichen- und Buchenwäldern von den Eicheln und von dem Busch. Auch Rinder und Kühe weideten vielfach ohne Aufsicht im Freien, selbst Pferde mussten sich oft ihr Futter auf sümpfigen Wiesen suchen. Jeder Besitzer war verpflichtet, seinen Acker oder „Kamp“ durch einen Wall mit einer darauf stehenden Hecke einzufriedigen, damit kein Vieh Schaden auf seinem Feld anrichten konnte. Solche Wälle mit lebenden Hecken finden wir noch an den beiden Seiten der sogenannten „Driftenstraße“, die von dem Kolon Löscher Nr. 59 nach dem Tischler Vogel und dem Kolon Hagemann führt (Anmerkung: heute in etwa der Verlauf der Straße „Brockamp“).

In den letzten 40 Jahren ist man ganz davon abgekommen, das Vieh noch so wild umherlaufen zu lassen.  Seitdem hat das Spuken auch mehr aufgehört, denn manche ängstliche Natur hat in der Dunkelheit ein Kalb oder ein Rind für einen „Werwolf“ angesehen und ist schnell davongelaufen, ohne sich von dem Lebewesen genügend zu überzeugen. Heutzutage hört man nichts mehr von Werwolf und vom Joljäger – wilder Jäger-, während die alten Leute doch selbst den ersteren gesehen hatten und den letzteren mit seinen Hunden in den Lüften gehört haben wollten.

Die Prozesssucht der Bauern bei geringen Grenzstreitigkeiten ist leider auch in dieser Gemeinde sprichwörtlich geworden. Ja die Geister der Verstorbenen gehen nach dem Glauben der Leute noch mit der Laterne an den Grenzen der Äcker umher, um die Grenzsteine nachzusehen. Mag eine Vermessung und selbst ein Prozess hunderte von Talern kosten, von seiner Furche lässt er sich so leicht keine Handbreit nehmen. Jedoch sei es vielen zum Ruhme nachgesagt, dass die älteren Leute berichten, dass beim Fehlen eines Grenzsteines friedliche Nachbarn den Ortsvorsteher herbeiriefen und in dessen Gegenwart einen neuen Grenzstein pflanzten, der für beide Teile rechtsgültig war.

Eure Chronikgruppe:

Christine Honermeyer und Dirk Oermann

Zurück zum Anfang