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Schätze der Chronikgruppe: 375 Jahre „Oberbauerschaft“ ?!

Vielerorts werden Dorfjubiläen auf Basis von Ersterwähnungen gefeiert: auch wenn die Dörfer tatsächlich älter sind, wird der erste urkundliche Nachweis oftmals als Grundlage für Jubiläen gesehen. Unabhängig von Feierlichkeiten – in Oberbauerschaft gibt es eigentlich immer etwas zu feiern – sollten Jahreszahlen dennoch für einen entsprechenden Rückblick genutzt werden.

Oftmals taucht auch in Oberbauerschaft die Frage auf oder es wird z.B. in den Vorträgen der Chronikgruppe näher drauf eingegangen: Wie alt ist Oberbauerschaft eigentlich und wo kommt der Name her ?

So heißt es in alten Unterlagen: „Was unten zu Füßen der Kahlen Warte und der anderen Berge der Wiehenkette liegt, über sieben Kilometer lang und schmal hingestreckt, im Osten dichter, im Westen lockerer besiedelt, ist Oberbauerschaft, die alte Oberberger Bauerschaft des Klosters bzw.  Stiftes Quernheim. So besteht Oberbauerschaft aus sechs einzelnen Siedlungen – vom Westen her aufgezählt: Alingdorf, Kniendorf, Beendorf, Büschenfelde, Oberhöfen (Wordinghausen) und Niedringhausen.“

Schon im 16. und 17. Jahrhundert, aber auch davor, waren die Höfe dieser Siedlungen abgabepflichtig. Diese Abgabeverpflichtungen wurden erfasst und dokumentiert – auf dieser Basis bekamen die Höfe dann erstmals ihre Steuernummern. Das damalige „Abgabesystem“ fand sich dann im Urbarium des Amtes Reineberg aus dem Jahre 1646 wieder.

In diesem Inhaltsverzeichnis taucht als Zusammenfassung der Höfe aus den 6 Siedlungen und Höfegruppen die Bezeichnung „Fürmberge oder Oberbauerschaft“ und somit erstmals die heutige Schreibweise „Oberbauerschaft“ auf. Das Verzeichnis wurde aufsteigend nach den Zahlungsverpflichtungen festgesetzt. Daraus entstanden dann die späteren Hausnummern, die in den 1970-er Jahren in die heutigen Grundstückzeichnungen übergingen.

Die Ende des 19. Jahrhunderts verfasste Schulchronik berichtet: Über die Herleitung des Namens ist nichts sicheres zu erfahren. Doch liegt es nahe, dass die Bauerschaft wegen ihrer höheren Lage Ober-Bauerschaft, während die südlich davon liegende Bauerschaft wegen ihrer Lage in der Nähe des Klosters in Quernheim Kloster-Bauerschaft genannt wurde. Aus unterschiedlichen Schreibweisen entstand dann die Bezeichnung „Bauerschaft für‘m (vor dem) Berge“ bzw. „Bauerschaft oben am Berge“ (Oberbauerschaft). Von Lübbecker Seite war auch die Bezeichnung „Überberger“ oder „Oberberger“ Bauerschaft gebräuchlich. Das Amt Reineberg nutzte im Jahre 1778 die Bezeichnung „Ober-Quernheim“.

Aber die einzelnen Siedlungen innerhalb der Bauerschaft „Oberbauerschaft“ sind jedoch wesentlich älter:

Viele Jahrzehnte war mit 1393 und davor auch 1247 für „Alingdorf“ der älteste bekannte Nachweis vorhanden. Nach jüngerer Literatur (Ortsnamen im Kreis Minden-Lübbecke) wird mit 1151 die erstmalige Erwähnung von „Adalhardigtarpe“ der Siedlung Alingdorf zugeschrieben. Der hier prägende Hofname ist „Meyer zu Allendorf“, früher Oberbauerschaft Nr. 4, gelegen an der heutigen Straße „Allendorfer Weg“.

Östlich von Alingdorf lag die frühere Siedlung „Kniendorf“, die 1427 als „Knevelingthorpe“ in Querheimer Urkunden Erwähnung findet, als „2 Stücke Landes neben Knevelingthorpe übertragen werden“. Auf dem Hof „Meyer zu Kniendorf (Oberbauerschaft Nr. 1)“ befindet sich die im Jahre 1797 erbaute und erhaltene Roßmühle, die bedeutenste ihrer Art in Westfalen.

Bereits 1121 wird Beendorf als „Bedingthorpe“ im Osnabrücker Urkundenbuch erwähnt. In dieser Urkunde geht es um einen Streit über die Einkünfte aus dem Stiftsvermögen von Enger; das Siegel dieser Urkunde ist noch erhalten und befindet sich im Staatsarchiv Münster. Die Lage des seinerzeit namensgebenden Hofes „Meyer zu Beendorf (Oberbauerschaft Nr. 7)“ ist heute Siedlungsgebiet und liegt nördlich der heutigen Grundschule Oberbauerschaft.

Auch der Name „Büschenfelde“ entstammt einer alten Höfebezeichung, nämlich „Meyer zum Büschenfelde (Oberbauerschaft Nr. 8)“ und taucht seit der Mitte des 16. Jahrhunderts als Bischenfelde auf.

Nördlich von Büschenfelde liegt „Oberhöfen“, dieser Name hat in den vergangenen Jahrhunderten die Bezeichnung „Wordinchusen“ (1251 in einer Urkunde des Osnabrücker Grundeigentums erwähnt) oder Wordinghausen, ausgehend vom Höfenamen „Worminghaus“, abgelöst. Der älteste Hof ist „Dat Osterhus“, der heutige Hof Ostermeier (Oberbauerschaft Nr. 3), erwähnt 1390.

Im östlichen Bereich von Oberbauerschaft liegt Niedringhausen, eine Siedlung, die 1315 als „Niterdinghusen“ erstmalig erwähnt wird. Die Namensgebung geht hier auf die Höfe Niedermeier (Johan zu Nitrichhusen – Nr. 14), Franke (Voß zu Nitringhusen – Nr. 37) bzw. Niedringhaus und Hoffmann (Henrich bzw. Cord Nitringhusen – Nr. 34 und 35) in deren unterschiedlichen Schreibweisen zurück.

 

Politisch gesehen wurde Oberbauerschaft ab 1973 Ortsteil der Gemeinde Hüllhorst. Davor war Oberbauerschaft von 1843 bis 1972 eine eigenständige Gemeinde im Amt Hüllhorst. Die Gemeinde gliederte sich in den westlichen Ortsteil „Beendorf“ (mit Alingdorf und Kniendorf im Westen) sowie „Niedringhausen“ (mit Wordinghausen/Oberhöfen und Büschenfelde) im Osten.

Oberbauerschaft gehörte auch einige Jahre zu Frankreich. Nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon im Jahre 1806 begann für den hiesigen Raum Minden-Ravensberg die Franzosenzeit.  Nach dem Frieden von Tilsit bildete Napoleon unter seinem Bruder Jerome das „Königreich Westphalen“; 1810 wurden dann u.a. auch die Oberbauerschafter französische Staatsbürger, bevor die Region 1813 wieder zum Königreich Preußen zurückkehrte. Oberbauerschaft gehörte dann politisch bis 1831 zunächst zum Kreis Bünde, wurde danach dann aber dem Amt Schnathorst (später Amt Hüllhorst) innerhalb des Kreises Rahden (später Kreis Lübbecke) zugeschlagen.

375 Jahre Oberbauerschaft ?!

Ausgehend von verschiedenen Jahreszahlen und Ersterwähnungen in den vergangenen Jahrhunderten kann Oberbauerschaft im Jahre 2021 somit immerhin auf 900 Jahre „Siedlung Beendorf“ und mindestens 375 Jahre – nach der Ersterwähnung im Urbarium des Amtes Reineberg – zurückblicken.

 

Eure Chronikgruppe

Christine Honermeyer und Dirk Oermann

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