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Schätze der Chronikgruppe – Die letzten Tage der „Gemeinde“ Oberbauerschaft

Mit der Gebietsreform zum 01.01.1973 verlor die seinerzeitige Gemeinde Oberbauerschaft vor 50 Jahren ihre politische Selbstständigkeit. Die letzte Oberbauerschafter Gemeinderatssitzung fand am 27.12.1972 statt.

Bereits in den Sitzungen davor – die Ratssitzung im Oktober 1972 dauerte rund fünf Stunden – ging es im Wesentlichen um das Aussehen und die Bedeutung des Dorfes in der künftigen Großgemeinde. Die Wünsche des Gemeinderates stimmten dabei nicht immer mit den Wünschen der Städteplaner des Berliner Planungsbüros überein. Durch die bereits erfolgte Ausweisung von Wohnbauflächen der Baugebiete „Kohlmann“ und „Nunnenkamp“, nördlich des neuen Schulgeländes, sei eine ausreichende Entwicklungsmöglichkeit gegeben. Lediglich die Frage der Entwässerung und ein Anschluss an eine Kanalisation seien noch zu klären. Auch die Frage der Gewerbeflächen wurde nicht weiter ausgedehnt. Erwähnenswert ist sicherlich die Entscheidung der Schulfrage, die weit über die Grenzen hinaus als Schulstreit zwischen Beendorf und Niedringhausen in die Geschichte eingegangen und in 78 Sitzungen des Gemeinderates beraten und diskutiert worden ist.

Heute ist Oberbauerschaft ein Ortsteil der Gemeinde Hüllhorst. Nachfolgend ein Blick in die Geschichte von Oberbauerschaft – ein Dorf, welches im 17. Jahrhundert als zusammenfassende Bauerschaft der Bereiche Allingdorf, Kniendorf, Beendorf, Wodinghausen (Oberhöfen), Büschenfelde sowie Niedringhausen entstanden ist und in dieser Schreibweise erstmalig 1646 im Zusammenhang mit dem Urbarium des Amtes Reineberg erwähnt wurde.

1816 wurde mit der Einrichtung der Landkreise in der preußischen Provinz Westfalen die Verwaltungsebene neu strukturiert. Die Größe der Landkreise sollte sich daran orientieren, dass die jeweilige Kreisstadt innerhalb eines Tages zu Fuß oder per Pferd und Wagen erreichbar war; Oberbauerschaft gehörte zu diesem Zeitpunkt zum Kreis Bünde. 1832 wurden die Kreise neu geordnet und u.a. Oberbauerschaft dem Kreis Lübbecke, der zwischenzeitlich von Kreis Rahden in Kreis Lübbecke umbenannt wurde, zugeschlagen; der Kreis Bünde ging in den Kreis Herford über.

Formal lautete die Bekanntmachung vom 4. November 1831 für die ab 1832 geltende Kreiseinteilung unter Nr. 3: „Trennung der Kirchspiele Hüllhorst und Schnathorst sowie des Dorfes Oberbauerschaft vom jetzigen Kreise Bünde, und Vereinigung derselben mit dem Kreise Rahden (künftig Lübbecke)“.

Im Zuge einer weiteren Landgemeinde-Ordnung für die Provinz Westfalen wurde der Kreis Lübbecke ab 1843 in elf Ämter eingeteilt. Oberbauerschaft gehörte fortan zum Amt Schnathorst, welches um 1871 zum Amt Hüllhorst umbenannt wurde. Das Reineberger Amtshaus war zunächst noch Wohnung des Amtmannes und Verwaltungsstelle des Amtes, bis man 1863 auf Amtsebene den Beschluss für den Bau eines neuen Amtshauses auf dem Hüllhorster Lohpohl, dem jetzigen Ratshausstandort an der Löhner Straße, gefasst hatte. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die „Versammlung der Amtsverordneten des Amtes Schnathorst“, unter ihnen auch Vorsteher Hohmeyer aus Oberbauerschaft, am 13. Mai 1863 im Schulgebäude in Oberbauerschaft stattfand. In diesem Schulgebäude, welches 1878 durch ein neues Schulgebäude ersetzt wurde und dort stand, wo 1898 die Christuskirche gebaut wurde, fanden auch die Sitzungen der Gemeinde Oberbauerschaft statt. Politisch wurde die Gemeinde Oberbauerschaft durch die gewählten Vertreter und dem Vorsteher bzw. Bürgermeister vertreten. Der jeweilige Hüllhorster Amtsdirektor war in Personalunion zudem ehrenamtlicher Gemeindedirektor der selbstständigen Gemeinde; die Amtsverwaltung stellte den Schriftführer.

Vorsteher bzw. Bürgermeister der Gemeinde Oberbauerschaft waren ab 1843: Friedrich Worminghaus, ab ca. 1863 – 1877 Friedrich Hohmeyer, 1877 – 1882 Heinrich Dünnermann, 1882 – 1885 Wilhelm Meyer zu Allendorf (Ernstmeier), 1886 – 1896 Heinrich Westenfeld, 1896 – 1904 Karl Westermann, 1904 – 1924 Wilhelm Meyer zu Allendorf, 1924 – 1946 Heinrich Küffmeier, 1946 – 1960 Wilhelm Eimertenbrink, 1960 – 1967 Heinrich Thüner, 1967 – 1969 Fritz Althoff und von 1969 – 1972 Heinrich Thüner

Ende der 1960-er Jahre wurde über eine weitere Gebietsreform diskutiert. Letztlich erfolgte deren Umsetzung zum 01.01.1973. Gegenüber anderen Gemeinden und Ämtern waren für das Amt Hüllhorst und dem Kreis Lübbecke bis auf Grenzkorrekturen kaum räumliche Veränderungen verbunden. Die Gemeinde Oberbauerschaft und die weiteren Gemeinden des Amtes Hüllhorst wurden fortan Ortsteile der neuen (Groß-)Gemeinde Hüllhorst. Auch der Kreis Lübbecke verlor seine Selbstständigkeit und wurde gemeinsam mit dem Kreis Minden zum neuen Kreis Minden-Lübbecke. Oberbauerschaft hatte zu diesem Zeitpunkt rd. 2.400 Einwohner und war mit einer Fläche von rd. 10 km² sowohl einwohner- als auch flächenmäßig größter Ortsteil der neuen Gemeinde Hüllhorst (11.600 Einwohner und 44,7 km² Fläche).

Ende 1972 blickten u.a. Amtsbürgermeister Heinrich Westerfeld und Amtsdirektor Kurt König auf die sich auflösenden Gemeinden – und somit der Gemeinde Oberbauerschaft – zurück:

„Oberbauerschaft ist nach Fläche und Einwohnerzahl die größte Gemeinde des Amtes. Schon bald nach dem Kriege setzte in beiden Ortsteilen Beendorf und Niedringhausen eine rege Bautätigkeit ein. 244 Wohnhäuser sind nach dem Krieg errichtet worden. Nach jahrelangem Kampf konnte 1968 die neue Schule in Beendorf in Benutzung genommen werden, die ursprünglich als Zentralschule für die gesamte Gemeinde geplant war und heute die Grundschule Oberbauerschaft und einige Klassen der Hauptschule Hüllhorst beherbergt. Es wurden außerdem ein Lehrschwimmbecken und eine Turnhalle sowie eine Hausmeisterwohnung und 2 Lehrerwohnhäuser mit je 2 Wohnungen errichtet. Der neue Sportplatz im Anschluss an das Schulgelände ist nahezu fertig gestellt. Das alte Schulgebäude Niedringhausen wird zu einem Dorfgemeinschaftshaus ausgebaut. In Beendorf sind 2 größere Wohnbaugebiete ausgewiesen worden. Die Gemeinde beabsichtigt noch in diesem Jahre auf dem Friedhof in Niedringhausen einen Glockenturm zu errichten. Unter Berücksichtigung der erstellten Baumaßnahmen hält sich die Verschuldung der Gemeinde mit rund 370.000 Mark im Rahmen.“

In einem weiteren Bericht Anfang 1973 heißt es:

„Von den bisherigen neun Gemeinden des früheren Amtes Hüllhorst war Oberbauerschaft die räumlich weitaus größte. Sie erstreckte sich von Horst’s Höhe bis fast in die Nähe von Neue Mühle. In Oberbauerschaft gibt es eine aus dem Jahre 1797 stammende Roßmühle, die auf dem Hof des Landwirts Meyer zu Kniendorf steht und noch heute im Urzustand erhalten ist. Im ganzen westfälischen Land ist die naturschöne Freilichtbühne Kahle Wart bekannt. Sie wurde 1948 durch Professor Langewiesche eingeweiht. Deftige und humorvolle Stücke pflegen die plattdeutsche Sprache, die nicht nur in den Ortschaften der Großgemeinde Hüllhorst noch viele Anhänger hat. Heinrich Thüner fungierte als letzter Bürgermeister der bis Ende 1972 selbstständigen Gemeinde Oberbauerschaft“.

Eure Chronikgruppe

Christine Honermeyer und Dirk Oermann

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