Schätze aus der Chronikgruppe: „Die Schröder-Familien an der Kahle-Wart-Straße“ (Serie Teil 1)
Bereits im November 2016 hat Christine Honermeyer im Rahmen der „Reise durch die Oberberger Bauerschaft“ von den Schröder-Familien an der Kahle-Wart-Straße berichtet. Dieser Vortrag wurde nun von ihr zu einer Serie in drei Teilen umgearbeitet.
Wie kam ich auf die Schröders? Aufgrund der Familienforschung in Oberbauerschaft und der Umgebung kam ich über zwei Wege zu den Schröder-Familien. Zuerst erreichte mich die Anfrage eines Mitglieds der Ahnenforschergruppe Hüllhorst: Marlies Pieper aus Büttendorf hatte mich darum gebeten mehr über ihre Oma mütterlicherseits Anna Schröder, geboren 1897, herauszufinden. Zweitens durch meine Ahnenforscherkollegin aus Ahlsen, die immer zu mir sagte: „Wenn dir beim Forschen was über Schröder Nr. 100 (heute Farnweg 35) auffällt, gebe mir Bescheid.“
Darum habe ich mich damals ans Werk gemacht und fand raus, dass die Oma von Marlies zu der Schmiededynastie Schröder gehörte, welche an der heutigen Kahle-Wart-Straße ansässig waren und teilweise sind. Dort traf ich auch noch auf die Bauernfamilie Schröder Nr. 72 (heute Kahle-Wart-Straße 51), die Tischlerfamilie Wolfmeier (heute Kahle-Wart-Straße 57) – und Schröder Nr. 100 und Nr. 103 (heute Farnweg 21) waren im benachbarten Farnweg auch nicht weit.
Wie diese fünf Familien zusammengehören – oder auch nicht- werde ich nun in dieser neuen Serie erzählen.
Die Schmiededynastie
Im heutigen ersten Teil wird es um die Schmiededynastie gehen. Der Stammvater der Schmiededynastie ist Karl Schröder aus Klosterbauerschaft. Dort kam er 1838 zur Welt. Ich habe die Schröders „Schmiededynastie“ genannt, weil sie teilweise bis in die vierte Generation Schmiedemeister waren. Wir begeben uns nun aber in das Jahr 1865, denn da kam der Schmiedegesell Karl Schröder nach Oberbauerschaft um Katharine Obermeier zu heiraten. Sie lebte mit ihrer Familie in einem Heuerlingshaus des Colon Holzmeier Oberbauerschaft Nr.2, heute auch noch unten an der Kahle-Wart-Straße zu finden. Nach der Heirat wohnten sie bei ihren Eltern und dort kam auch das erste Kind Ende 1865 zur Welt. Als sich dann auch noch ganz in der Nähe beim Schmied Heidkamp Nr. 42 (heute Kahle-Wart-Straße 60) eine Arbeitsmöglichkeit fand, zog die noch kleine Familie um. Heidkamps Kotten diente als Wohnung und Schmiede zugleich, hier konnte Karl Schröder sein Handwerkskunst verfeinern und hier wurde ihnen in den nächsten 19 Jahren weitere elf Kinder geboren. Der Schmied Wilhelm Heidkamp, dessen Vater Anton Albert Henrich auch Schmied (und nebenbei noch Landwirt) war, wurde Arbeitgeber von Karl Schröder.
Karl und Katharine hatten zwei Töchter und zehn Söhne. Zwei Söhne sind im Kleinkindalter verstorben, fünf der acht Söhne waren Schmied oder Schmiedemeister. Sie haben wohl alle beim Vater gelernt.
Die ältestes Tochter Luise (1865-1923) heiratete den Schneider Wilhelm Struckmeier. Sie und sieben ihrer Nachkommen blieben in Oberbauerschaft.
Der älteste Sohn Karl (1867-1923) war Schmiedemeister in Niedringhausen. Er hatte seine Schmiede klugerweise an der Herforder Chaussee, die von Lübbecke nach Herford führte, angelegt (heute Niedringhausener Str. 136). Seine Tochter Anna (1897-1959) war die Großmutter von Marlies Pieper.
Heinrich (1872-1952) war Schmiedemeister in Stift Quernheim. Er betrieb dort eine eigene Schmiede (heute Tankstelle Busse an der Stiftstraße). Er war zwei Mal verheiratet, hatte aber keine Kinder.
Friedrich (1874-1958) war mit Anna Schröder verheiratet. Auch von ihnen sind einige Nachkommen in Oberbauerschaft geblieben. Um 1900 baute er das Haus Oberbauerschaft Nr. 160 (heute Kahle-Wart-Straße 42) und betrieb als Schmiedemeister dort eine Schmiede.
Wilhelm (1875-1955) wohnte wie Heinrich in Stift Quernheim und war auch als Schmiedemeister tätig. Seine Schwiegertochter Marie Feldmann kam auch aus Oberbauerschaft.
Ein weiterer Sohn (1877-1961) wohnte in Bünde und war als Postbote tätig.
Hermann (1879-1953) wohnte in Kirchlengern. Auch er betrieb eine Schmiede und arbeitete später als Schulmeister.
August (1880-1971) baute neben seinem Bruder Friedrich in Oberbauerschaft, er war Schneidermeister später Arbeiter.
Die zweite Tochter Anna (1881-1835) war eine verheiratete Stohlmann und lebte in Büttendorf.
Das jüngste Kind Christian wohnte auch an der Kahle-Wart-Straße. Der Zigarrenarbeiter hatte den Kotten von Grönemeiers (heute Kahle-Wart-Straße 15) gekauft.
Im Freilichtmuseum Detmold habe ich mich über den Beruf des Schmieds und den Aufbau einer Schmiede kundig gemacht. Dort gibt es eine Schmiede im Zustand von um 1900, also genau der Zeit in der die Schmiedemeister Schröder auch ihre Schmieden gründeten.
Damals Mitte des 19. Jahrhunderts, als Karl ins Berufsleben startete, dauerte die Ausbildungszeit eines Schmiedes sechs Jahre. Der Schmied gab sein Wissen gegen Kost und Logie an seine Lehrlinge weiter – sonst versuchte er aber sein Wissen für sich zu behalten. Kam ein Fremder in die Schmiede unterbrach er nach Möglichkeit die Arbeit damit keiner seine Fertigkeiten abschaute. Um Schmiedemeister zu werden, schloss sich an die Lehre noch eine dreijährige Wanderschaft an. Dort war er dann max. fünf Wochen an einem Ort bei einem Schmied. Der Schmied verliebte sich auch an jeder zweiten Straßenecke, aber er hatte nichts in der Tasche außer alte Nägel. Als kreativer Denker seiner Zeit profitierte er von seinem Wissen und fertigte aus einem Nagel ein Ring, um so die Dame seines Herzens zu erobern.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Handwerkskammern gegründet, wo man dann die Meisterprüfung ablegen konnte.
Das Schmiedehandwerk, also das Formen von Metallen, gehört zu den ältesten Berufen der Menschheitsgeschichte. Der Dorfschmied wurde von allen benötigt. Seine Aufgaben waren: Beschlag von Tieren und Rädern, Reparaturarbeiten von Geräten, Herstellung von Geräten, alles was mit Metall zu tun hat, aber auch Behandlungen von Tieren und Menschen z.B. Zähne ziehen. Der Schmied hatte ein hohes Ansehen im Dorf, dieses erlangte er aber nicht durch seine Fähigkeiten mit Eisen umzugehen, sondern weil ihm die Aufrechterhaltung der Tiere und Geräte während der Erntezeit oblag. Wenn jemand auf Reisen war, hielt er an jeder dritten Schmiede an um Hufeisen, Geschirr und Beschläge kontrollieren zu lassen. Blieb der Reisende unterwegs liegen, hatte er ein großes Problem, denn den ADAC gab es damals nicht – aber den Schmied. Das hatte wieder den Vorteil das der Schmied durch seine auswertigen Kunden erfuhr was im Land los war – es gab ja keinerlei Medien – ein weiterer Vorteil der sich daraus ergab, war das sie Dorfbewohner abends in die Schmiede kamen um Neuigkeiten zu erfahren und vielleicht auch gleich einen Auftrag mitbrachten. Bereits Ende der 1930er Jahren schlossen einige Schmieden. In den 1960 Jahren nach der Mechanisierung der Landwirtschaft ging das Schmiedehandwerk ein. Aus Schmieden wurden dann Landmaschinenschlosser und -mechaniker, Kunstschmiede und Werkzeugmacher, heute Metallbauer.
Eure Chronikgruppe
Christine Honermeyer und Dirk Oermann